Samoa

Von Fales
und
von Fafafingis

Mit dem Öffnen der Flugzeugtüren auf dem Provinzflughafen des kleinen Inselstaates Western Samoa in der Südsee ist uns schnell bewußt, daß wir wieder in tropischem Klima gelandet sind. Die Ränder des Rollfeldes sind mit Kokospalmen gesäumt, und es ist trotz der späten Stunde noch angenehm warm, als wir die Stufen der Gangway hinuntergehen.

Nach den üblichen Formalitäten am Zoll stehen wir mit einem Mal inmitten eines südländischen Treibens vor den Toren des kleinen Flughafens und versuchen ins noch gut eine Autostunde entfernte Apia, der Hauptstadt des Landes, zu kommen. In eben dieser Situation spricht uns zu unserer Überraschung ein Mann in unserer Heimatsprache an. Freundlich stellt er sich als gebürtiger Schwede mit dem Namen Mats vor und bietet uns an, bei ihm zu wohnen. Er habe eine Samoanerin zur Frau und sie bewohnten gemeinsam mit deren Familie das Anwesen Seipepe in Apia. Dort habe er mit vier Zimmern ein kleines Travellerzuhause eingerichtet, um Reisenden wie uns die Möglichkeit zu geben, am ganz normalen samoanischen Leben teilzuhaben. Der Preis sei letztendlich auch unsere Sache, wir sollen ihm einfach so viel zahlen, wie es uns beliebt.

 

 

Samoanische Lebensfreude im Seipepe

 

Oh - what a life!

 

Spontan nehmen wir das verheißungsvolle Angebot an und sitzen wenig später mit Mats in einem Bus, der uns auf der Küstenstraße in Richtung Stadt bringt. Auch sind wir nicht die einzigen, die in den Genuß der Gastfreundschaft des Schweden gelangen. Somit lernen wir, bei ihm zu Hause angekommen, die Engländerin Linden und den Australier Will, ebenfalls zwei Neuankömmlinge, bei einem Begrüßungstee auf der Veranda des Anwesens kennen. Linden ist eine Lehrerin aus London und der fünfundfünfzig jährige Will, der sich selbst einen dirty old man nennt, kommt aus Brisbane in Australien. Viel mehr erfahren wir zu diesem Zeitpunkt über diese beiden und über unser neues Umfeld auch nicht, denn wir sind erschöpft und fallen, mit den Fügungen des Abends durchaus zufrieden, bald in unsere Betten.

Seltsamerweise schreiben wir heute, genauso wie auch bereits gestern, den zweiten Februar 1997, denn wir haben auf unserem Flug hierher die Datumsgrenze passiert und somit einen vollen Tag geschenkt bekommen.
Diesen beginnen wir mit einem typisch samoanischen Frühstück, das wir auf Palmenblättern, die auf dem Fußboden des gemeinschaftlichen Wohnraumes der Familie ausgelegt sind, serviert bekommen. Während wir es uns gemeinsam mit den wenigen Gästen des Hauses schmecken lassen, wird uns bewußt, daß wir am gestrigen Abend wirklich viel Glück hatten, als wir am Flughafen auf Mats trafen. Er, seine Frau Sia und auch der Rest der Familie sind äußerst zuvorkommend und stets darum bemüht, uns sowohl Anregungen zur Gestaltung unseres Aufenthalts zu geben, als auch die samoanische Lebensweise näher zu bringen. Den besagten Rest bilden unter anderem zwei junge Südseeschönheiten, die unaufhörlich damit beschäftigt sind, uns beim Essen Luft zuzufecheln, was wir sehr gerne mit uns geschehen lassen.

 

Piula Cave Pools am Meer

 

Marktplatz in Apia

 

Im weiteren Tagesverlauf brechen wir mit Linden und Will auf, um Apia zu erkunden. Dies zeigt sich sonntäglich verschlafen, denn die Samoaner sind, seit sie vor langer Zeit einmal von den Deutschen kolonialisiert wurden, gut gläubige Christen und nehmen das Gebot, am siebten Tage zu ruhen, offensichtlich sehr ernst. Obwohl wir nur gemächlich am Umherschlendern sind, haben wir uns schon bald das nahezu menschenleere Zentrum der kleinen Hafenstadt erlaufen. Im Aggie Grays, dem bekanntesten und in unserem Sinne eigentlich auch einzigen Hotel am Platz, nehmen wir die für heute wohl alleinige Möglichkeit wahr, eine Tasse Kaffee serviert zu bekommen. Die schwüle Hitze tut ihr übriges dazu, daß nun auch wir unsere Stimmung ausnahmslos der allgemeinen Trägheit um uns herum anpassen. Für morgen beschließen wir gemeinsam ein Auto zu mieten, um Upolu, eine der zwei großen Inseln des Südseestaates, auszukundschaften und lassen den heutigen Tag so gemütlich ausklingen, wie er bereits begonnen hat.
Schon früh am Morgen fahren wir mit einem Jeep die Nordküste der Insel entlang nach Osten und erreichen nach einer halben Stunde Fahrt unser erstes Ziel. Wir nehmen ein erfrischendes Bad in den Piula Cave Pools, einem innerhalb eines Klosters liegenden und natürlich enstandenen Süßwasserbecken, das auf der Landseite zur Hälfte von einer Höhle überdacht und zum Meer hin nur durch einige Felsen von diesem getrennt ist. Unsere Fahrt fortsetzend folgen wir der jetzt ansteigenden Straße in eine bergige Gegend im Inneren der Insel. Die variierenden Perspektiven durch die mit Palmen bewachsenen Hügel auf das umliegende Meer sind von unglaublicher Schönheit. In der Hitze des Mittags gelangen wir zur Südküste, wo wir uns am weißen Sandstrand in ein sogenanntes Fale, eine wandlose und nur mit Palmenblättern gedeckte Hütte, nach einem Mahl lange Zeit dem Nichtstun hingeben.

Idylle im Landesinneren

Mit wechselnden Fahrern bringt uns der Jeep nach einem kurzen Stop an einem idyllischen Wasserfall im weiteren Tagesverlauf zu einem diesmal schwarzen Sandstrand, der nur durchs Gelände und mit Hilfe des Allradantriebs zu erreichen ist. Hier gehen wir baden, lassen uns in der Brandung umhertreiben, versuchen uns im Handstandschlagen am Strand und bombadieren uns zu guter letzt ausgelassen mit Sand. Nach dem Erreichen der Straße auf dem Rückweg beginnt mit der dritten Autopanne der Reise ein amüsanter Aufenthalt vorm Dorfladen einer kleinen Ansiedlung. Die Allradschaltung ist blockiert, so daß sich das Auto keinen Meter mehr bewegen läßt. Wir nutzen die Wartezeit auf kompetente Hilfe, indem wir in der Abenddämmerung ein paar Bier trinken und machen hierbei die Erfahrung, wie lustig es sein kann, in leicht angeheitertem Zustand und als Hauptattraktion des Abends mit einigen samoanischen Männern und Frauen ins Gespräch zu kommen. Auch die inzwischen eingetroffenen Mechaniker sind nicht dazu in der Lage, den Fehler zu beheben, weshalb sie den Wagen abschleppen. Oliver nimmt mit Linden im defekten Auto Platz, was für die Zwei zum besonderen Erlebnis wird. Wieder auf den Höhen der Berge angekommen wird das Seil zwischen den Autos gelöst, doch leider vergißt der Fahrer der beiden vor dem Hinabrollen den Motor zu starten. Somit endet der Tag für sie mit dem Abenteuer, daß in den Serpentinen der finsteren Staße hinab ins noch entfernte Apia auch das Licht des Jeeps versagt.
Den nächsten Morgen verbringen wir leger auf der gemütlich eingerichteten Veranda im Seipepe, während Mats uns seine Lebensgeschichte erzählt. Aufmerksam folgen wir seinen Worten, als er uns die verschiedenen Stationen seiner persönlichen Vergangenheit schildert. Erst durchlebt er ein asketisches und diszipliniertes Leben als Marineoffizier in Schweden, gibt sich dann aber bald den eher weltlichen Genüssen hin. Er verläßt das Militär und schifft fortan Neureiche als Kapitän ihrer Luxusyachten über die Weltmeere. Irgendwann verschlägt ihn die Liebe zu einer Frau nach Wien in Österreich, wo er Karriere als Marketingdirektor eines großen Hotels macht. Doch stimmt ihn auch sein dortiges Leben, ganz zum Unver- ständnis seines privaten und familiären Umfelds, nicht zufrieden. Durch einen Zufall erhält er den Auftrag, ein Festival über die Kulturen im Südpazifik zu organisieren und gelangt somit ins friedvolle und verträumte Samoa. Hier findet er schließlich seine jetzige Frau Sia und die innere Zufriedenheit, die er die ganze Zeit über suchte. Seiner Bestimmung folgend richtet er das kleine Zuhause für die vielen Reisenden ein und zehrt davon, eben diesen einen Einblick in die zwar recht einfache, aber nicht minder fröhliche Lebensweise der hier leben- den Menschen zu geben.
Wir sind von diesem außergewöhnlichen Charakter ziemlich beeindruckt, dessen Geschichte noch lange, ja bis heute, unsere Gedanken bewegt.

Öffentliches Verkehrsmittel zur Fähre

Auf ganz andere Weise beeindruckt sind wir, als wir am Abend unser allmorgendliches und, zumindest wenn man es rein biologisch betrachtet, zweifellos männliches Zimmer“mädchen“ in einem Nachtclub Apias als Fafafingi, wie man die überraschenderweise sehr zahlreichen Transvestiten hierzuorts nennt, wiedererkennen. Offensichtlich in dem Glauben unerkannt geblieben zu sein, versucht das geschlechtlich zwielichtige Wesen dann auch noch mit uns zu flirten, was uns dazu bewegt, den ohnehin sehr eigentümlichen Club schnellstens zu verlassen.

Wir beschließen, die letzten Tage unseres einwöchigen Zwischenstops in der Südsee bei der mit Mats und Sia befreundeten Familie Tanu auf der Nachbarinsel Savaii zu verbringen. Also steigen wir am zentralen Markt und Busbahnhof der Stadt, wo Tag und Nacht geschäftig um Bananen und Papayas gefeilscht wird, in einen zum größten Teil aus Holz bestehenden Bus. Da in diesem jeder Sitzplatz mindestens zweifach besetzt ist, fahren wir auf engstem Raum zusammengepfercht zur Fähre. Nach einer Stunde Überfahrt nehmen wir am anderen Ufer in einem Gefährt gleicher Bauart Platz und tuckern weiter bis zum Dörfchen Manase, wo wir herzlich von der Großfamilie empfangen werden.
Diese lebt hier in einem herrlichen Anwesen direkt an einer Lagune des türkisfarbenen Meeres, wo wir ein Fale am Strand beziehen. Zur Begrüßung lädt die Familie uns zu einem kleinen abendlichen Fest ein, bei dem sie uns traditionelle samoanische Gesänge und Tänze darbietet. Als wir unerwartet von einigen Mädchen aufgefordert werden mitzutanzen, dauert es erst ein wenig, bis unsere Glieder die fremden Rythmen akzeptiert haben. Doch schon bald finden wir Gefallen an der Musik und die jungen Frauen tun ihr Übriges dazu, daß wir bald in einen regelrechten Tanzwahn verfallen.

Nach Einbruch der Dunkelheit liegen wir von einem Moskitonetz umhüllt und nur durch ein Palmendach geschützt auf unseren Matrazen im Fale und lassen uns vom Rauschen des Meeres in den Schlaf wiegen. Beim Erwachen in der Morgendämmerung eröffnet sich uns ein unvergeßlicher Ausblick auf den Ozean, über dem der Himmel in den verschiedensten Rottönen die aufgehende Sonne ankündigt. An diesem Tag erfahren wir, wie wundervoll es ist, die Kunst des Nichtstuns mit reinem Gewissen genießen zu können. Das Leben hier ist Entspannung pur. Man nimmt die Umgebung wie in Trance wahr. Die paradiesischen Verhältnisse faszinieren die Sinne.

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